Von Freiberg nach Jerusalem

Im Oktober 2023 hat unser ältester Sohn ein Freiwilligenjahr mit der Organisation "Dienste in Israel" begonnen. Durch den Kriegsbeginn am 7. Oktober 2023 verzögerte sich seine Ausreise um ein halbes Jahr.

Ende März 2024 landete er schließlich in Tel Aviv und arbeitete anschließend bis September 2024 in Jerusalem. Alles, was in dieser Zeit dort, im Nahen Osten, geschah, ging mir sehr zu Herzen. So ist immer noch, auch wenn ich nicht mehr täglich Nachrichten und Fotos aus dem Heiligen Land bekommen. Ein halbes Jahr lang durfte ich am Leben in Israel teilnehmen. Unser Sohn nahm mich per Videotelefonie mit auf Wanderungen im Umland von Jerusalem, berichtete von Raketenangriffen, und wie es sich anfühlt, in den Bunker zu laufen. Er erzählte von seinen Freundschaften zu Kollegen und Kolleginnen - Arabern und Israelis gleichermaßen. Ließ uns daran teilhaben, wenn er mit ihnen grillte oder zum Sabbatessen eingeladen war.

Er ist bis heute in Kontakt mit M., der jungen Frau die mit ihm gearbeitet hat. Ihr Freund ist eine der Geiseln, die noch immer von der Hamas festgehalten werden. Ich kenne ihre Stimme und ihr Lachen, in dem die Angst um ihn schwingt. "Komm zurück", sagt sie meinem Sohn immer wieder. "Du fehlst uns. Wir werden dir nie vergessen, dass du in dieser schweren Zeit hier mit uns gearbeitet hast."

Obwohl ich nie selbst in Israel war, fühle ich mich diesen Menschen so verbunden. Mein Herz blutet über den scheinbar unlösbaren Konflikt und das Leid auf beiden Seiten, dem der Israelis und dem der Palästinenser.

Leider kann ich mich nicht in einen Flieger setzen und vor Ort praktisch helfen. Das würde ich so gern tun!

Während Politiker um Lösungen ringen oder versuchen, den größtmöglichen Profit aus dem Krieg zu schlagen, habe ich eine Möglichkeit, zum Frieden beizutragen: durch Gebet.

Also ziehe ich meine Laufschuhe an und mache mich auf den Weg nach Jerusalem. Zum einen auf der Landkarte, zum Anderen in der Realität. Ich mache, so oft ich kann, einen Gebetslauf. Sprich: ich jogge da, wo ich bin, einige Kilometer und bete dabei. Diesen Gebetslauf nenne ich תהילה (Tehila, ein hebräisches Wort für Lobpreis/ Ehre Gottes). Insgesamt sind es 3611 km, die ich von meinem Startpunkt bis zum Tempelberg in Jerusalem zurücklegen will. 

14,8 km hab ich schon geschafft 😆 - befinde mich also im Moment gerade auf einem Höhenweg im Erzgebirge. Gestern bin ich unter klarem Sternenhimmel gelaufen, ein paar Tage vorher auf bodenfrostigen Bergbauhalden. 

Ich hoffe, dass sich die politische Lage deutlich entspannt hat, bevor ich in Jerusalem "ankomme" (was bei meinem Tempo vermutlich einige Jahre dauert).

Doch währenddessen wird viel passieren, denn das tut es immer, wenn man im Gebet unterwegs ist. 


Der Tag, an dem mein תהילה Gebetslauf begonnen hat.


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