Türchen Nummer 1
Der arme Rudolph.
Schon als kleines Rentierbaby wurde er belächelt. Klar, seine Mutter hatte ihn lieb. Rudolph ist das allerwunderbarste Rentierbaby der Welt, dachte sie. Wenn die anderen Rentiermütter ihren Kleinen mit einem abfälligen Lächeln bedachten, während sie sich unbeobachtetet fühlten, dann stellte sie sich einfach stolz neben ihn und sah sie herausfordernd an. Ihr seid doch nur neidisch, sagte ihr Blick, dass eure Kinder einfach nur gewöhnlich sind.
Aber Mama Rentier konnte Rudolph nicht ewig beschützen.
Spätestens, als Rudy in den Rentierkindergarten gehen musste fing es an: Die anderen Kitze lachten ihn aus. Sie machten Witze über ihn. Sie ließen ihn nicht mitspielen.
Schon wenn er morgens durch das Gatter trottete ging es los: "Guckt mal, da kommt Rudolph! Leuchtenase! Glühbirne! Mutantenkarotte!"
Das einzige Spiel, bei dem Rudolph mitmachen durfte, war Verstecken. Wer wurde immer als erstes gefunden? Rudolph, das rotnasige Rentier.
Ich werde niemals Freunde haben, dachte Rudolph deprimiert. Je älter er wurde, desto öfter stand er allein am Rand der Herde und fragte sich, wozu um alles auf der Welt er überhaupt auf der Welt war.
Er und seine rote Nase. Das Leben war ungerecht. Andere Rentiere boxten der ganzen Tag Rentierkinder und bekamen nicht einmal den Hauch einer roten Nase. Andere klauten Santa das Wodkafäßchen - danach hatten sie Schlagseite, aber ihre Nase kam farblich noch immer nicht an die von Rudolph heran.
Was hatte er bloß getan, dass ausgerechnet er, der liebe, brave, angepasste Rudolph eine so schrecklich auffällige Nase hatte? Nein, es war wirklich ungerecht. Und das Schlimmste war: es würde sich niemals ändern.
Rudolph starrte nächtelang über den Gatterzaun in die Dunkelheit und wünschte sich, ein Wolf würde kommen und seinem sinnlosen Leben ein Ende bereiten.
Und dann war da dieser eine trübe Dezemberabend.
Die Herde war nervös, denn es war Heiligabend - der wichtigste Tag im Rentierkalender - und das Wetter war einfach miserabel.
Die Tower-Rentiere wollten dem Schlitten keine Startfreigabe erteilen, weil es schlichtweg zu neblig war. Gerüchte gingen, dass Weihnachten aufgrund der widrigen Witterung auf den 6. Januar verschoben werden müsste. Nervös schlürften die Zugrentiere ihre Proteindrinks, obwohl die Hoffnung sank, dass sie heute noch aufbrechen konnten.
Da kam Santa angestapft. Die Rentiere konnten ihn zwar kaum sehen, aber sie kannten seinen Schritt. Santas Stiefel arbeiteten sich ohne Zögern durch das gatter. Vorbei an tuschelnden Rentierdamen. Vorbei an schwitzenden Rentiermachos, die ihre Muskeln schon erwärmt hatten. Vorbei an den selbstbewussten Zugtieren mit ihren Proteindrinks. Schritt für Schritt durchquerte der alte Mann den Pferch, Schritt für Schritt kam er auf ihn zu: auf ihn, Rudolph, den schrägen Typ mit der bescheuerten roten Nase.
"Guten Abend, Rudolph", dröhnte seine durchdringende Stimme über die dick verschneite Koppel. Jedes Rentier, vom Baby bis zum Greis, stellte die Ohren auf.
"Hast du schon jemals einen so dichten Nebel am Heiligabend erlebt?" Rudolph konnte nur den Kopf schütteln. Die Sprache hatte es ihm verschlagen.
"Tja, eigentlich können wir nicht starten. Bei dem Nebel bin ich ohne Schlittenbeleuchtung hoffnungslos verloren."
Ein Seufzen ging durch die Herde. Weihnachten sollte ausfallen? Unvorstellbar.
"Aber", fuhr Santa fort, und ein Lächeln schwang in seiner Stimme: "Zum Glück haben wir ja dich!"
Er war es gewohnt, angestarrt zu werden. Aber jetzt ging es ihm durch Mark und Bein, zu fühlen wie hundert Rentieraugen sich durch den Nebel bohrten.
"Wie sieht es aus, Rudolph: würdest du heute gern mein Leittier sein? Deine Nase wird mir den Weg leuchten. Das ist unsere Chance, Weihnachten zu retten."
Die Zugtiere verschluckten sich an ihren Proteindrinks. Drei Rentierfrauen fielen vor Erleichterung in Ohnemacht. Der Obermacho startete eine Laolawelle.
Rudolphs Nase intensivierte ihre Strahlkraft um 105 000 Lux.
An diesem Weihnachtsabend startete Santas Schlitten pünktlich und ohne Schwierigkeiten. Die Route über Europa nach Kanada und durch den Rest der Welt verlief zum ersten Mal komplett ohne Verfliegungen.
Im fernen Kalifornien entdeckten Ufologen ein unbekanntes Flugobjekt, und Millionen von Geschenken wurden punktgenau ausgeliefert.
Das alles verdankten die Menschen dieser Welt einem Rentier, das sein Leben lang geglaubt hatte, Gott habe einen Fehler gemacht, als er es mit einer knallroten Nase zu Welt kommen ließ.
Aber so ist das eben: was allen Anderen, und vielleicht sogar dir selbst wie ein ungerechter Makel vorkommt, das kann irgendwann in die Geschichte eingehen. Du musst nur bereit sein.
Rudolph, the red-nosed reindeer
Had a very shiny nose
And if you ever saw it
You would even say it glows
All of the other reindeers
Used to laugh and call him names
They never let poor Rudolph
Join in any reindeer games
Then one foggy Christmas eve
Santa came to say
Rudolph with your nose so bright
Won't you guide my sleigh tonight
Then all the reindeers loved him
As they shouted out with glee
Rudolph the red-nosed reindeer
You'll go down in history
Schon als kleines Rentierbaby wurde er belächelt. Klar, seine Mutter hatte ihn lieb. Rudolph ist das allerwunderbarste Rentierbaby der Welt, dachte sie. Wenn die anderen Rentiermütter ihren Kleinen mit einem abfälligen Lächeln bedachten, während sie sich unbeobachtetet fühlten, dann stellte sie sich einfach stolz neben ihn und sah sie herausfordernd an. Ihr seid doch nur neidisch, sagte ihr Blick, dass eure Kinder einfach nur gewöhnlich sind.
Aber Mama Rentier konnte Rudolph nicht ewig beschützen.
Spätestens, als Rudy in den Rentierkindergarten gehen musste fing es an: Die anderen Kitze lachten ihn aus. Sie machten Witze über ihn. Sie ließen ihn nicht mitspielen.
Schon wenn er morgens durch das Gatter trottete ging es los: "Guckt mal, da kommt Rudolph! Leuchtenase! Glühbirne! Mutantenkarotte!"
Das einzige Spiel, bei dem Rudolph mitmachen durfte, war Verstecken. Wer wurde immer als erstes gefunden? Rudolph, das rotnasige Rentier.
Ich werde niemals Freunde haben, dachte Rudolph deprimiert. Je älter er wurde, desto öfter stand er allein am Rand der Herde und fragte sich, wozu um alles auf der Welt er überhaupt auf der Welt war.
Er und seine rote Nase. Das Leben war ungerecht. Andere Rentiere boxten der ganzen Tag Rentierkinder und bekamen nicht einmal den Hauch einer roten Nase. Andere klauten Santa das Wodkafäßchen - danach hatten sie Schlagseite, aber ihre Nase kam farblich noch immer nicht an die von Rudolph heran.
Was hatte er bloß getan, dass ausgerechnet er, der liebe, brave, angepasste Rudolph eine so schrecklich auffällige Nase hatte? Nein, es war wirklich ungerecht. Und das Schlimmste war: es würde sich niemals ändern.
Rudolph starrte nächtelang über den Gatterzaun in die Dunkelheit und wünschte sich, ein Wolf würde kommen und seinem sinnlosen Leben ein Ende bereiten.
Und dann war da dieser eine trübe Dezemberabend.
Die Herde war nervös, denn es war Heiligabend - der wichtigste Tag im Rentierkalender - und das Wetter war einfach miserabel.
Die Tower-Rentiere wollten dem Schlitten keine Startfreigabe erteilen, weil es schlichtweg zu neblig war. Gerüchte gingen, dass Weihnachten aufgrund der widrigen Witterung auf den 6. Januar verschoben werden müsste. Nervös schlürften die Zugrentiere ihre Proteindrinks, obwohl die Hoffnung sank, dass sie heute noch aufbrechen konnten.
Da kam Santa angestapft. Die Rentiere konnten ihn zwar kaum sehen, aber sie kannten seinen Schritt. Santas Stiefel arbeiteten sich ohne Zögern durch das gatter. Vorbei an tuschelnden Rentierdamen. Vorbei an schwitzenden Rentiermachos, die ihre Muskeln schon erwärmt hatten. Vorbei an den selbstbewussten Zugtieren mit ihren Proteindrinks. Schritt für Schritt durchquerte der alte Mann den Pferch, Schritt für Schritt kam er auf ihn zu: auf ihn, Rudolph, den schrägen Typ mit der bescheuerten roten Nase.
"Guten Abend, Rudolph", dröhnte seine durchdringende Stimme über die dick verschneite Koppel. Jedes Rentier, vom Baby bis zum Greis, stellte die Ohren auf.
"Hast du schon jemals einen so dichten Nebel am Heiligabend erlebt?" Rudolph konnte nur den Kopf schütteln. Die Sprache hatte es ihm verschlagen.
"Tja, eigentlich können wir nicht starten. Bei dem Nebel bin ich ohne Schlittenbeleuchtung hoffnungslos verloren."
Ein Seufzen ging durch die Herde. Weihnachten sollte ausfallen? Unvorstellbar.
"Aber", fuhr Santa fort, und ein Lächeln schwang in seiner Stimme: "Zum Glück haben wir ja dich!"
Er war es gewohnt, angestarrt zu werden. Aber jetzt ging es ihm durch Mark und Bein, zu fühlen wie hundert Rentieraugen sich durch den Nebel bohrten.
"Wie sieht es aus, Rudolph: würdest du heute gern mein Leittier sein? Deine Nase wird mir den Weg leuchten. Das ist unsere Chance, Weihnachten zu retten."
Die Zugtiere verschluckten sich an ihren Proteindrinks. Drei Rentierfrauen fielen vor Erleichterung in Ohnemacht. Der Obermacho startete eine Laolawelle.
Rudolphs Nase intensivierte ihre Strahlkraft um 105 000 Lux.
An diesem Weihnachtsabend startete Santas Schlitten pünktlich und ohne Schwierigkeiten. Die Route über Europa nach Kanada und durch den Rest der Welt verlief zum ersten Mal komplett ohne Verfliegungen.
Im fernen Kalifornien entdeckten Ufologen ein unbekanntes Flugobjekt, und Millionen von Geschenken wurden punktgenau ausgeliefert.
Das alles verdankten die Menschen dieser Welt einem Rentier, das sein Leben lang geglaubt hatte, Gott habe einen Fehler gemacht, als er es mit einer knallroten Nase zu Welt kommen ließ.
Aber so ist das eben: was allen Anderen, und vielleicht sogar dir selbst wie ein ungerechter Makel vorkommt, das kann irgendwann in die Geschichte eingehen. Du musst nur bereit sein.
Had a very shiny nose
And if you ever saw it
You would even say it glows
All of the other reindeers
Used to laugh and call him names
They never let poor Rudolph
Join in any reindeer games
Then one foggy Christmas eve
Santa came to say
Rudolph with your nose so bright
Won't you guide my sleigh tonight
Then all the reindeers loved him
As they shouted out with glee
Rudolph the red-nosed reindeer
You'll go down in history
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