Ein guter Mensch

Unser Fünfjähriger hat Asthma.
Es gibt Zeiten, da macht es ihm schwer zu schaffen. Tagsüber hängt der eigentlich energiegeladene, kräftige kleine Kerl in den Seilen. Nachts wird er von Hustenanfällen wach, bei denen er Schleim würgt. Manchmal ist es schwierig, ihn zu beruhigen, weil seine Atemnot dazu führt, dass er sich in Panik steigert. 
Heute Morgen kam er, vom Treppensteigen recht atemlos, bei der Logopädin an, mit der er immer montags übt, den Sch-Laut zu fabrizieren. Er erzählte ihr von seinem Husten, und dass es ihm gerade nicht so toll geht.
Lieb, wie sie ist, ging die Logopädin auch gleich auf ihn ein.
"Oh, das tut mir wirklich Leid, dass du solche Atemprobleme hast. Das ist wirklich gemein."
Gemein? Von wem? Mein Sohn schaute sie überrascht an.
"Aber Gott ist ein guter Mensch", sagte er ernst.
Gott ist ein guter Mensch. Ich war perplex, und total berührt.
Denn dieses Thema hat mich in den letzten Tagen sehr beschäftigt.
Ich selbst glaube daran, dass Gott es in allem gut mit uns meint. Ich glaube, dass er mit uns leidet, wenn es uns schlecht geht, und dass denen, die ihm vertrauen, alle Dinge zum Guten dienen.
Aber ich habe Freunde, die das total daneben finden. Sie betonen immer wieder, wie "unfair" Krankheiten sind, vor allem, wenn sie "unschuldige" Menschen - insbesondere Kinder - treffen.
Irgendwie verstehe ich diese Einstellung ja. Trotzdem finde ich sie destruktiv. 
Ok, unsere Welt ist alles andere als perfekt, und es ist schlimm, wenn Kinder die Leidtragenden sind.
Aber warum soll ausgerechnet Gott daran Schuld sein? An dieser Stelle könnte ich jetzt eine theologische Diskussion beginnen, über Sünde und ihre Konsequenzen, und über einen Gott, der Mensch wurde und die Schuld der Menschen auf sich genommen hat.
Dass mein Sohn gar nicht auf die Idee kommt, dass Gott ihn mit dieser Krankheit "ärgern" möchte, finde ich wunderbar. Für ihn ist die Sache etwas, was anstrengt, womit er aber klar kommen kann.
Und Gott? Der ist nicht gemein. Der ist "ein guter Mensch", der hilft, auch wenn es schwer wird.
Vielleicht kann man diese Einstellung naiv nennen. Vielleicht ist es in den Augen mancher Menschen dumm, angesichts der Probleme der Welt auf einen guten Gott zu vertrauen.
Ich glaube allerdings, dass dieses Vertrauen hilft, sich den Herausforderungen des Lebens positiv zu stellen. Zu versuchen, das Beste daraus zu machen, statt bitter zu werden und die unschönen Dinge einem bösen Gott in die Schuhe zu schieben, von dem man dann hofft, dass es ihn nicht gibt.


Kommentare

  1. Hihi, keine Ahnung, warum du dir Gedanken gemacht hast, wenn ich diese Zeilen lese. Finde mich darin nicht wieder, denn ich habe nie gesagt und auch nie gedacht, das Gott irgendetwas schuld ist. Umgekehrt gilt dies für mich aber genauso. Er ist weder das negative, noch das positive in meinem Leben schuld, weil ich eben völlig anders ticke als Du ;) Dass euer kleiner Schatz krank ist, tut mir leid und ich wünsche ihm von ganzen Herzen, dass er bald wieder gesund ist!

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