Fünf Kinder und ein Senfkorn


Fünf Kinder und ein Senfkorn

"Der Mensch macht viele Pläne, aber es geschieht, was Gott will." Sprüche 19,21 Die Bibel (HfA)

Es gibt Zeiten, da zerbricht man sich den Kopf über wichtige Entscheidungen.
Ausbildung, Wohnort, (Ehe-) Partner, Familienplanung... 
Bei mir waren im Juli 2014 die Überlegungen, ob ich mir noch ein Baby wünsche, besonders intensiv.
Das Ergebnis lag auf einer Skala zwischen "Ja" und "Nein" eindeutig bei "Jetzt auf jeden Fall nicht sofort" mit Tendenz zu "Vielleicht sind fünf doch wirklich genug".
Die Familienplanung war also erst einmal auf Eis gelegt.
Ahnungslos verkündete ich meinem Mann stolz am Frühstückstisch: "Übrigens, du kannst mir gratulieren. Ich befinde mich in der längsten Schwangerschaft freien Zeitspanne unseres Ehelebens!"

Das war vor vier Tagen.
Und ehrlich, ich war richtig zufrieden mit diesem Zustand.
Wenn wir uns mit Freunden über gemeinsame Erlebnisse unterhalten entschlüpft mir oft der Satz: "Ach ja, damals war ich doch gerade schwanger mit (Name des Kindes)!", oder: "Stimmt, da hab ich (Name des Kindes) noch gestillt."
Seit zwei Jahren bin ich jedoch endlich wieder ein eigenständiger Mensch.
Eine Frau, die in eine angenehme Hosengröße passt.
Eine, deren Stimmung nicht nur von Hormonen und den Nebenwirkungen des Schlafentzuges gesteuert wird.
Die in Klamottengeschäften einen Bogen um Umstandsabteilung und Babywäsche machen kann.
Deren Handtasche nicht randvoll mit Ersatzschnullern, Feuchttüchern und Notfall-Windeln ist (das ein oder andere Matchboxauto oder Fillypferd findet sich allerdings doch noch).
Ich habe beim Arbeiten die Hände frei, und kann nachts durchschlafen (wenn sich im Kinderzimmer kein Monster befindet).
Ich muss zwar noch ab und zu aus Veranstaltungen laufen, um ein Kleinkind zur Toilette zu begleiten. Aber immerhin kann ich getrost anziehen, was mir gefällt, ohne auf diskrete Stillfreundlichkeit zu achten.
Das Beste ist aber, dass ich nicht mehr vierundzwanzig Stunden am Tag erreichbar sein muss.
Alles, was die Kinder jetzt brauchen, kann ihnen problemlos auch mein Mann liefern (außer dieses eine Gute-Nacht-Lied, von dem er immer den Text vergisst).
Und deshalb kann ich Dinge tun, von denen ich lange nur geträumt habe.
Letztes Jahr hat mich mein Arbeitgeber zu einer Konferenz in die USA geschickt, und in diesem Jahr war ich dienstlich in Kopenhagen. Herrlich!
Nicht zu vergessen: Seit einer Woche geht auch der Allerjüngste in die Kita.
Oh, lang vermisste Freiheit, lass dich umarmen!
Ich werde in meinem Büro arbeiten können, ohne aller paar Minuten Dinobabys malen zu müssen!
All das füllte mir Kopf und Herz, als ich die Babyfrage zum wiederholten Mal durchdachte.
Mit oben genanntem Ergebnis.
Bis vorgestern.
Vorgestern war der Tag, der für jede Frau in jedem Monat einen Wendepunkt markiert.
Ich war wirklich ahnungslos. Mein Körper meldete keine außergewöhnlichen Signale. Unser Verhütungskonzept hatte fast drei Jahre lang wunderbar funktioniert. Dass wir in diesem Monat vielleicht ein klitzekleines bisschen nachlässiger gewesen waren kam mir gar nicht in den Sinn.
Aber dann erlaubte ich mir diesen kleinen Spaß, mit dem ich die Persona-Teststäbchen aufbrauche, die noch von meinem kaputten Gerät übrig geblieben sind.
Eigentlich benutzt man sie, um sie in den kleinen weißen Computer zu stecken, der einem dann Auskunft über den Eisprung gibt. Aber im Prinzip funktionieren sie ein bisschen wie ein Schwangerschaftstest. Deshalb spiele ich manchmal ein bisschen damit herum, wenn meine Periode auf sich warten lässt - ich habe ja sonst keine Verwendung für sie.
Seltsamerweise erschienen diesmal, statt wie gewohnt nur einem, zwei Striche auf dem Sichtfeld - ein dünner links, ein dicker rechts.
War es sonst nicht immer nur ein dicker links?
Verwirrt und leicht beunruhigt fragte ich meinen Freund Google, was das zu bedeuten habe.
Er führte mich zu einer Kinderwunschseite, auf der Frauen die Streifenentwicklung auf Persona-Stäbchen täglich dokumentiert hatten.
Der Streifen links gibt Auskunft über das Östrogen. Dicker Strich bedeutet, dass wenig Östrogen vorhanden ist, dünner oder kein Strich: viel Östrogen. Die rechte Linie erscheint nur, wenn LH oder HCG (das Schwangerschaftshormon) vorhanden sind.
Oha.
Eilig lief ich ins Badezimmer, um die Linien noch einmal zu betrachten.
Sie sahen genauso aus wie die auf dem Foto, unter dem stand: "Das Kind ist heute zwei Jahre alt".
Als ich meinem Mann, der gerade liebevoll das Mittagessen zubereitete, von meinem kleinen Experiment erzählte, zitterten mit die Hände.
Aber es war doch nicht möglich, oder? Vielleicht war mein Zyklus nur irgendwie durcheinander.
Bestimmt! ... nicht.
Später, an meinem Schreibtisch im Büro, fragte ich mich, was diese Entwicklung in der Babyfrage wohl für Folgen hätte.
Alle meine Zweifel klopften wieder an.
Ob wir es wirklich schaffen konnten, sechs Kinder auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden zu begleiten.
Wie ich eine ruhige, ausgeglichene Mama sein könnte, wenn mich wieder Übelkeit und andere Zipperlein plagen würden.
Ob ich mir nach einer erneuten Schwangerschaft je mein Wohlfühlgewicht wieder erkämpfen könnte.
Und überhaupt: Mit vierunddreißig bin ich nicht mehr die Jüngste! All die Risiken für das Kind, die mit zunehmendem Alter der Mutter steigen!
Und trotzdem wusste ich tief in mir drin, dass ich glücklich bin.
Glücklich, dass Gott uns die Entscheidung abgenommen hat. Dass er uns scheinbar zutraut, für noch ein Kind zu sorgen.
Gestern machte ich einen richtigen Schwangerschaftstest.
Der setzte den Schlussstrich unter all die Ja-oder-Nein-Überlegungen.
Und zwar einen doppelten.





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